Mosaikum 1.0
Von KerLeone


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3.5.2004
Eis in Afrika
Ich konnte der Versuchung nicht wiederstehen, ihnen Eis zu zeigen, dem nur die Allerweltläufigsten schon einmal begegnet waren. Sie waren starr vor Schrecken. Da sie derart extreme Temperaturunterschiede noch nie kennengelernt hatten, behaupteten sie steif und fest, das Eis fühle sich 'heiß' an; wenn sie es berührten, würden sie sich daran verbrennen. Von der Tatsache, daß es sich beim Eis einfach um Wasser in anderer Form handelte, ließen sie sich nie völlig überzeugen. Wenn sie sahen, wie es in der Sonne schmolz, reagierten sie mit der Bemerkung: 'Das kalte Zeug ist weg. nur das Wasser darin ist übrig geblieben.'
(Nigel Barley, Traumatische Tropen, S. 200.)

1.5.2004
Zuneigung vs. Sexualität (bei den Dowayos)
Ich saß bei ihm, und wir unterhielten uns lange über scharfsinnige Einzelheiten zum Thema Ehebruch. 'Nehmen Sie zum Beispiel Mariyo', sagte er. 'Die Leute haben mir immer weiszumachen versucht, sie schliefe mit meinem jüngeren Bruder, aber Sie haben ja gesehen, wie sie außer sich geriet, als er krank war. Da zeigt sich doch, daß zwischen ihnen nichts war.' Für die Dowayos waren Sexualität und Zuneigung etwas so Verschiedenes, daß eins das andere ausschloß. Ich nickte weise, um meine Zustimmung zu bekunden; auf den Versuch, ihm klarzumachen, daß man die Sache auch anders betrachten konnte, verzichtete ich wohlweislich.
(Nigel Barley, Traumatische Tropen, S. 176. Ein wunderbares, sehr unterhaltsames Buch über eine fehlgeschlagene Feldforschung in Kamerun, das mir gerade ein gutes Gegengewicht zu den sehr ernsten und aus heutiger Sicht verkrampften Texten von Gusinde gibt.)

Der Himmel lacht (Sprachen lernen)
Ich traf einen Dowayo und begrüßte ihn. Das war kein Problem; ich hatte mir von meinem Assistenten in langer und harter Übung die Wendungen beibringen lassen:
'Lacht Ihnen der Himmel?'
'Mir lacht der Himmel, lacht er Ihnen?'
'Mir lacht der Himmel auch.'
Das mußte für jede einzelne Person, die man begrüßte, durchexerziert werden. Die Europäer messen diesen Ritualen wenig Gewicht bei und betrachten sie als sinnlose Zeitvergeudung, aber die Dowayos haben es nicht so eilig wie unsereins und sind durch eine Vernachlässigung der Formen leicht zu kränken. An die Begrüßung schloß ich dann irgendeine schwachsinnige Frage an wie etwa 'Was macht ihr Feld?' oder 'Kommen Sie von weit?' Daraufhin pflegten sie lange Gesichter zu kriegen und verdutzt auszusehen. Jetzt sprang regelmäßig mein Assistent ein und sagte genau das noch einmal, was ich - meiner Meinung nach - gerade gesagt hatte. Prompt erhellten sich ihre Gesichter. 'Achso. Ich verstehe'. (Pause) 'Aber wieso kann er unsere Sprache nicht sprechen? Er ist doch jetzt schon zwei Wochen hier.'
(Nigel Barley, Traumatische Tropen, S. 67-68)

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[30.05.2004] 
[30.05.2004] 
Vom Leben
vom_leben.jpg

Via Alo
|ö| = KerLeone [Kommentare: 1]

[27.05.2004] 
Wir lernen China kennen: Folge 1
Heute: Sojasauce aus menschlichen Haaren. Gute Meldung, passt hervoragend ins Klischee.
Via BoingBoing
|ö| = KerLeone [Kommentare: 2]

[27.05.2004] 
BBC öffnet ihr Archiv *komplett* und *online*
Greg Dyke, director general of the BBC, has announced plans to give the public full access to all the corporation's programme archives. Mr Dyke said on Sunday that everyone would in future be able to download BBC radio and TV programmes from the internet
berichte die BBC selbst.
Via Denken über
|ö| = KerLeone [Kommentare: 1]

[27.05.2004] 
Dienstraum für Grimme Online nominiert
Das Medien-Weblog Dienstraum wurde für den Grimme Online Award nominiert. Glückwunsch!
Via Dienstraum
|ö| = KerLeone [Kommentare: 0]

[27.05.2004] 
Larry mixing a drink with lemons
u2_larry.jpg

|ö| = KerLeone [Kommentare: 0]

[26.05.2004] 
Lizenz-Scheiße: E-Book entliehen!
Großartig, dachte ich mir, die Uni in München bietet E-Books für die Studenten an. Einfach anklicken und als PDF lesen, das klingt mal toll.
Hab dann ein tolles Buch gefunden, wollte es lesen, aber statt dem Downloadlink stand dort: Entliehen bis zum 1. Juni 2004. Kann ja wohl nicht wahr sein, oder? Ein digitales Buch! Entliehen! Die Uni lässt sich wohl von den Verlagen komplett über den Tisch ziehen, haben sie wohl nur die Lizenz für zeitgleich einen Leser bekommen. Verdammte Lizenzscheiße, aber das habe ich ja alles schoneinmal gesagt.
|ö| = KerLeone [Kommentare: 10]

[26.05.2004] 
Wir lernen Japan kennen: Folge 32
Heute: Japanische Computerspiel-Werbespots. 1300 Stück!
Via Hinterding
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[25.05.2004] 
Drogensteuer
marihuana_steuer.jpg In einigen Staaten der USA hatte man in den 80er Jahren eine interessante Idee: Man besteuerte Drogen, wie etwa Marihuana. Der Verkauf, Besitz etc. wurde damit allerdings nicht legal, im Gegenteil, man hatte nun die Möglichkeit, einen Dealer zusätzlich wegen Steuerhinterziehung anzuklagen, was höhere und leichtere Strafen ermöglichte. In Kansas konnte man sich sogar für 250$ eine Lizenz zum Drogendealer kaufen. Ein paar schöne der wohl selten gekauften Steuermarken gibt es bei Marijuana Tax Stamps.
|ö| = KerLeone [Kommentare: 0]

[25.05.2004] 
Erweiterung der StVO
fake_roadsigns.jpg Eine Gruppe französischer Künstler baut gefakte Straßenschilder in Frankreich auf. Cultural Jamming von der feinsten Art. (Die Bilder finden sich unter "Artists").
Via Ultimate Insult
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[25.05.2004] 
Aussterbende Sportarten
Heute: Telefonzellen mit Menschen vollstopfen.
telefonzellen_vollstopfen.jpg Nach fast fünfzig Jahren (1959, 2003) durch den Rückgang von Zellen extrem gefährdet.

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[24.05.2004] 
Aufspaltung im Folterskandal
In den öffentlichen Medien scheint es immer noch zwei Lager bezüglich der Ursache der amerikanischen Folterungen zu geben: Die einen sehen systematische, angeordnete Folterungen, die anderen sehen massenweise perverse Soldaten. Wenn man von letzterer Variante überzeugt ist, scheint eine von vielen besonders einfachen Erklärung die neue Kultur der Selbstdokumentation im Internet zu sein, die man mit der ebenfalls dort abgelagerten Pornographie und dem Gewaltsadismus der Medien schön zu einer These verstricken kann. So argumentiert die Journalistin Susan Sontag, deren Artikel sowohl in der New York Times als auch in der Süddeutschen Zeitung erschien: Susan Sontag:
Endloser Krieg, endloser Strom von Fotos
Regarding the Torture of Others
Es fragt sich, wie viele der sexuellen Foltermethoden im Abu-Ghraib-Gefängnis durch das reiche Angebot pornografischer Bilder im Internet inspiriert wurden. Gewöhnliche Leute, die ihre Videoaufzeichnungen ins Internet stellen, versuchen vermutlich nun, diese nachzuahmen.
Unglaublich, wie extrem unterschiedlich das Internet und die digitale Photographie je nach Standpunkt bewertet wird. Susan Sontag sieht das Internet als Verursacher der perversen Ideen einzelner. In der anderen Variante, wie sie Seymour Hersh vom New Yorker vertritt (THE GRAY ZONE), ist das Internet und die Digitalkamera dagegen der unliebsame Zeuge, der Fallstrick, der das Regierungsgeheimnis gelüftet hat.
Das Problem an dem Artikel von Susan Sontag ist, dass er im Falle von systematischer Folterung der Regierung ein Argument gegen Internet und Digitalkamera in die Hand gibt, welches die Demokratie gefährdet, die eben diese beiden Technologien stützen könnten.
Und genau das ist passiert: Handies mit Digitalkamera wurden von Rumsfeld bereits verboten. Rumsfeld selber dürfte einer der wenigen sein, die wissen, ob mit diesem Verbot perverse Ideen von einzelnen Amerikanern unterbunden werden, die sich zu lange im Internet aufgehalten haben, oder, ob es ein weiterer Versuch ist, die perversen Machenschaften einer Regierung zu decken, die sich vor solchen unkontrollierbaren Micromedien fürchten muss.
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[24.05.2004] 
Alte Spielzeug-Roboter
vintage_robots.jpg Mehr wert als echte Roboter: Alte Blechmänner bei Robot 1968

Via Boingboing
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[24.05.2004] 
DHTML Lemings
DHTML Lemings
Via Barrapunto
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[19.05.2004] 
Ain't Got No / I Got Life
Ain't got no home, ain't got no shoes
Ain't got no money, ain't got no class
Ain't got no skirts, ain't got no sweater
Ain't got no perfume, ain't got no beer
Ain't got no man

Ain't got no mother, ain't got no culture
Ain't got no friends, ain't got no schooling
Ain't got no love, ain't got no name
Ain't got no ticket, ain't got no token
Ain't got no God

What about God?
Why am I alive anyway?
Yeah, what about God?
Nobody can take away

I got my hair, I got my head
I got my brains, I got my ears
I got my eyes, I got my nose
I got my mouth, I got my smile
I got my tongue, I got my chin
I got my neck, I got my boobs

I got my heart, I got my soul
I got my back, I got my sex
I got my arms, I got my hands
I got my fingers, Got my legs
I got my feet, I got my toes
I got my liver, Got my blood

I've got life , I've got my freedom
I've got the life

And I'm gonna keep it
I've got the life
And nobody's gonna take it away
I've got the life
(Nina Simone, Ain't Got No/I Got Life
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[18.05.2004] 
Zeitschrift für 20,- Euro
Geniale Idee: Eine Zeitschrift für 20,- Euro verkaufen. Ich habe noch nie so dringend das Bedürfnis verspürt eine bestimmte Zeitschrift kaufen zu wollen.
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[18.05.2004] 
Lost Bands Of The New Wave Era
Vielversprechendes MP3-Blog mit bisher nur einem Eintrag: "Lost Bands Of The New Wave Era - Great Bands That Never Made It - But Should Have". Erfordert Anmeldung.
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[18.05.2004] 
Der Fall David Reimer
Der Selbstmord von David Reimer, einem Jungen, der als Mädchen aufgezogen wurde, weil er bei einer Operation als Baby seinen Penis verloren hat, wirft viele Gedanken auf: Über Ethik in der Wissenschaft, über die Frage vom Verhältnis von Genen, Erziehung, Kultur. Die Geschichte besitzt Elemente eines Dramas: die Verirrungen einer Mutter, die es gut meint, der Fall einer Familie, das unerträgliche Leben nach dem Tod des Zwillingsbruders.
Aber sie zeigt vor allem eines: Dass man den Willen, den Charakter eines Menschen nicht brechen darf, und sei dieser Mensch nur wenige Monate alt.
Privatarchiv
|ö| = KerLeone [Kommentare: 2]

[18.05.2004] 
Katze
katze.jpg
(Nur so.)
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[17.05.2004] 
Der Lottogewinner-Lebensverlierer
Wunderbare, kleine, wahre, traurige Geschichte über einen Mann, der seinen Lottogewinn nicht an seine Lebensparterin abgeben wollte. Da hat jemand Geld gegen seine Ehre getauscht.
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[16.05.2004] 
Origami macht Roboter
origami_macht_roboter.jpg
(mit Papiervordrucken)
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[16.05.2004] 
Roboter macht Origami
roboter_macht_origami.jpg

Via ITW
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[16.05.2004] 
Zündfunk: Digitaler Datenmüll
Der Beitrag aus dem Zündfunk gestern war schön gemacht, es äußerten sich auch Florian Rötzer, der Telepolis-Chefredakteur, ein Technoproduzent und MP3.de-Lieferant, zwei Photosammler und einige andere zu diesem Phänomen. Unvermeidlich bei einer Sendung über das Web ging es am Rande natürlich auch um Bob Ross und Katzen. Ich lieferte ein paar Informationen zu den Weblogs, die "Datenmüll" zwar produzieren, aber auch selektieren (ab 18. Minute).
Die gerippte Fassung des Beitrags (30 Minuten ohne Musik) steht hier eine Woche online:
Zündfunk Datenmüll High (25 MB)
Zündfunk Datenmüll Low (15 MB)
|ö| = KerLeone [Kommentare: 3]

[15.05.2004] 
Heute, 19.00 Uhr bis 20.00 Uhr
Nicht vergessen: Kerleone spricht sprach im Zündfunk, Bayern2 (Live-Stream) über Unwichtiges, Belangloses und digitalen Müll im Web.
|ö| = KerLeone [Kommentare: 1]

[15.05.2004] 
Igitt
giant_bubblegum.jpg
Was wird das wohl sein?

Via Geisha
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[15.05.2004] 
Hundehaufenschilder, japanisch
hundehaufen_japan.jpg

Via Boingboing
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[14.05.2004] 
Amerikanische Regierung für Privatkopie
Inquirer: US government wants to allow people to copy DVDs. Die Filmlobby konterte natürlich sofort:
Speaking to the committee, the lobbyists predicted that changing the law would cripple the multibillion-dollar entertainment industry, kill off creativity, cost jobs, cause cancer and lead to the end of civilisation. We made the last two up.
Haha, wunderbarer Journalismus!
Via Barrapunto
|ö| = KerLeone [Kommentare: 0]

[14.05.2004] 
You choosed: Leben mit Kohle und Zeugs
D. gibt seine Bewerbung bei der Filmhochschule auf, schmeißt das Praktikum bei einer Produktionsfirma und studiert im Herbst BWL. Er will jetzt Kohle machen, das habe er zu lange vernachlässigt. Denn wer Kohle hat, der habe Sicherheit. Und der könne sich einen Haufen Zeugs kaufen. Frauen würden Männer mit Sicherheit (Kohle) und Zeugs lieben. Frauen wollen nicht nur einfühlsame Typen, sie suchen sich Statussymbole als Partner aus. Eine Frau will keinen Mann zum Partner, mit dem sie nicht vor ihren Freundinnen angeben kann. Das hat D. alles selbst rausgefunden, als er so viele Jahre alleine war.

Via Brainfarts
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[14.05.2004] 
Verdammte Quote!
Habe gerade einen Bußgeldbescheid über 25.- Euro bekommen, weil ich mit dem Fahrrad bereits bei Fußgängergrün gestartet bin und nicht auf die Autoampel gewartet habe. Der freundliche Polizist (nicht ironisch gemeint) gab nach einigem Gerede dann zu, dass es in München inoffiziell immer noch die Quotenregelung gibt, nach der Polizisten fünf Bußgeldbescheide pro Tag anschaffen müssen. Offiziell war diese nach einem mittelgroßen Aufschrei in der Lokalpresse abgeschafft worden.
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[13.05.2004] 
Ganz oben
Großartige Insider-Reportage von der Jobberei bei McDonalds von Anke Groener.
Via Don
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[13.05.2004] 
Europa (wo Hunde fernsehen können)
The final curious fact about a dog's vision is that their visual actuity is sufficient to resolve the European transmission frequency of 625 dots per second into a visual image. American television transmits at 525 dots per second, not quite fast enough for the canine eye to see anything other than a screen full of fast moving dots. -- The Dog's Mind by Bruce Fogle, page 35.
Via Interconnected
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[13.05.2004] 
Dummer Splatter-Artikel bei Telepolis
Dass Telepolis da so Stimmung macht für das Zeigen von dem Enthauptungsvideo, finde ich ziemlich albern. Das hat doch nichts mit Zensur zu tun, sondern mit reinem Anstand und kultureller Übereinstimmung. Die Mehrzahl der Deutschen will soetwas gar nicht sehen, was soll man es dann zeigen? (siehe Debatte auf dem Sofa) Ich bin heilfroh, dass man hier nach Betrachten der Nachrichten noch ohne Alpträume schlafen kann.
Allerdings mache ich mir große Sorgen um dieses Tabu. Einige Kids auf den Lanparty sammeln solche Videos, meist von harmloseren Unfällen aber auch von tödlichen, auf ihren Festplatten, grotesker Weise meist in einem Ordner namens "Fun". Eines der wenigen Sachen, wo ich mir plötzlich wie von einer anderen Generation vorkomme.
Das mediale Nachrichtenmonopol, selbst entscheiden zu können, was der Öffentlichkeit preisgeben wird, hat im Zeitalter des Internet jede Bedeutung verloren.
Ach so? Warum zeigen sie dann nicht wirklich alles? Warum zeigen sie dann im Zeitalter des Internets nicht die Stubenfliege an meinem Fenster? Richtig: Weil es keiner sehen will. Und diese Argumentation mit Inkonsequenz und der Pflicht von Journalisten: Journalisten haben natürlich eine Publikationspflicht, nämlich dass zu publizieren, was sie für wert erachten, publiziert zu werden. Konsequenz muss ja nicht heißen, dass alle Journalisten das Gleiche publizieren. Und weiterhin sehe ich da sehr wohl eine Konsequenz, denn Köpfungsvideos/Photos gab es glücklicherweise noch nie in deutschen Medien (an Material hat es sicher nicht gemangelt). Und in Anspielung auf die irakischen Folterphotos: Auch wenn die arabische Empfindung anders ist (sie können ja auch andere Sachen für ihr Fernsehen auswählen), aber hier in Deutschland hält man das Photo von einem Gefangenen an einer Leine für erträglich (als Bild, nicht als Tat), eine Köpfung dagegen nicht. Ist einfach so. Wem das nicht passt, kann ja im Internet suchen, gibt genug Seiten, die dieses Bedürfnis befriedigen. Aber mit einem Artikel eine gesellschaftliche Akzeptanz von solchen Perversitäten herreden wollen, ist widerlich.
|ö| = KerLeone [Kommentare: 4]

[13.05.2004] 
Google erfindet das Usenet neu
Groups2 nennt sich ein neues Beta-Prjekt von Google. Einerseits sind das ja begrüßenswerte Neuerungen: Keine Listen mehr, sondern Feeds, private oder moderierte Foren können eröffnet werden. Auf der anderen Seite stimmt es bedenklich, dass damit tatsächlich das Usenet abgeschafft werden soll. es war immerhin einmal der Grundstein des dezentralen Internets. Und das jetzt alles bei einer Firma? Nicht zuletzt kommen dort mit Sicherheit auch bald Werbeanzeigen.
Via Many2many
|ö| = KerLeone [Kommentare: 0]

[12.05.2004] 
Africars
africars.jpg Auf ein Neues: Die neuen Institutsserver laufen jetzt anscheinend stabil, und man sollte den Besuch der großartigen Sammlung Africars mit Photos afrikanischer Fahrzeuge nachholen.

|ö| = KerLeone [Kommentare: 0]

[12.05.2004] 
Ich im Radio
Gerade war Hardy Röde vom Zündfunk (Bayern 2 Radio) zu Besuch, mittlerweile ein alter Bekannter, und hat mich ein wenig zum Thema "Unwichtiges im Web" befragt, wofür ich ja durchaus der geeignete Ansprechpartner bin. Am Samstag zwischen 19.00 und 20.00 Uhr wird der Beitrag gesendet (Live-Stream vorhanden), es geht um Babyphoto-Webringe, Katzen-Content und Weblogs; die positiven und negativen Seiten von diesem digitalen "Müllberg". Mal sehen, wo ich lande ;-)
|ö| = KerLeone [Kommentare: 8]

[11.05.2004] 
Schön
Schön, dass die menschliche Zivilisation so tolle Dinge wie Videokameras und Webserver hervorgebracht hat. Sie könnte wunderbare Dinge damit machen. Könnte sie.
|ö| = KerLeone [Kommentare: 0]

[11.05.2004] 
Africars
africars.jpg Endlich online: Ein Student am Institut hat endlich seine großartige Sammlung von Photos afrikanischer Fahrzeuge im Internet veröffentlich. Africars. Ich hoffe auf eine gute Reise dieser Seite in der Blogosphäre!

|ö| = KerLeone [Kommentare: 6]

[11.05.2004] 
Alte Supermarktphotos
vintage_supermarkt.jpg

Via Media Digest
|ö| = KerLeone [Kommentare: 1]

[9.05.2004] 
Die besten Gitarren-Solos
Hier, ganz speziell für alle Weblogger über 50, die sich ja momentan ganz besonders feiern: Die 100 besten Gitarren-Solos. Und noch mehr: Ich habe aus meiner Sammlung mal drei herausgesucht, die mir eingefallen sind, das eine ist von U2, aus einem der besten Lieder überhaupt, aber noch dazu in einer der besten Versionen überhaupt, nämlich With or without you in der Live-Version von dem "Ruttle and Hum"-Video, ganz änhlich übrigens mit der Live-Version von Dublin. Das zweite ist auch eine Live-Version (gute Gitarren-Solos finden sich nur dort), nämlich von Fleetwood Mac, Go your own way. Auch wunderbar: Melissa Etheridge, Like the Way I Do, ein monumental langes Stück mit einem schönen Solo in der Mitte. |ö| = KerLeone [Kommentare: 6]

[9.05.2004] 
Besser leben mit Maulwürfen
Beisst man einem lebendigen Maulwurf stillschweigend die linke Vorderpfote ab und näht sie sich in die Kleider unter den Arm ein, verschafft dies viel Glück.(...)
Ein Kind zahnt leichter, wenn der Vater einen Maulwurf in der Hand zerdrückt, diesem dann mit einem Beil oder mit den Zähnen eine Pfote abtrennt und sie dem Kind in einem Beutel um den Hals hängt
Von der Maulwurfseite, woher sonst.
Via Parka Lewis
|ö| = KerLeone [Kommentare: 0]

[9.05.2004] 
LandStadtwirtschaft
Wenn die Punks mit Traktor und Anhänger kistenweise Bier vom Minimal anholen, um es in ihre Bauwagen-Kolonie zu transportieren, dann weiß man, dass man in Hamburg/Ottensen ist.
|ö| = KerLeone [Kommentare: 0]

[9.05.2004] 
Kunst des Alltags
pico_pasta.jpg Heute: "Pico-Pasta" (Ausschnitt), Unbekannter Künstler (Haribo), Druck auf Plastikfolie, 9cm x 6cm, 2004.
|ö| = KerLeone [Kommentare: 0]

[9.05.2004] 
Das wirklich Schlimme an den Bildern
Schließlich habe ich es doch noch in der Onlineausgabe der SZ gefunden: ein hervorragendes Interview mit dem Islamwissenschaftler Bernard Haykel, der zu den Folterbildern drei wichtige Punkte sagt:
Für Araber und Moslems sind diese Bilder exemplarische Symbole für die gesamte Beziehung zwischen der islamischen und der westlichen Welt. Die Bilder bringen die ganze Dynamik aus Unterwerfung, Erniedrigung und Entmannung auf den Punkt.
(...) das waren vorsätzliche, geplante, systematische, institutionalisierte Praktiken. Das gilt auch für die Fotos - sie wurden aufgenommen, um neuen Häftlingen Angst einzujagen und zum Reden zu bringen. Wer auch immer den Amerikanern gesagt hat, dass sie das tun sollen, muss ein Araber gewesen sein, wahrscheinlich Mitglied eines arabischen Geheimdienstes, der genau wusste, an welchen Schwachstellen der Wille und das Selbstbewusstsein eines Häftlings zu brechen sind.
(...)Sie dürfen auch nicht außer Acht lassen, dass die Analphabetenrate in vielen arabischen Staaten über fünfzig, sechzig Prozent liegt, schon deshalb haben Bilder hier eine Wirkung, die weit über jedes geschriebene Wort hinausreicht. Diese Bilder werden das einzige sein, was viele Menschen über diese Vorfälle erfahren. Sie werden nichts über den Kontext lesen oder verfolgen, was mit den Soldaten passiert, die das getan haben.
Privatarchiv, Teil1
Privatarchiv, Teil2
|ö| = KerLeone [Kommentare: 1]

[9.05.2004] 
Idioten am Steuer
Es ist mir unerklärlich, wie die Süddeutsche Zeitung die dumme Entscheidung treffen konnte, ihre Inhalte zwar für eine Woche online verfügbar zu machen (epaper), aber die Inhalte nicht "verlinkbar" zu gestalten. Dadurch versperren sie sich nicht nur den Lesern der Weblogs, sondern auch den Suchmaschinen, vor allem der Nachrichtensuche von news.google.de. Könnte man nicht sagen, dass das ein folgenschwerer Fehler ist heutzutage?
An der Uni stehen Leute herum und nerven einem, weil sie einem ein Probeabo der SZ aufschwatzen wollen, und alle Leser, die Artikel oder Informationen online suchen, müssen sich erst einen Account anlegen, dann auf "Printausgabe" klicken, ein Ressort auswählen, mehrmals vorwärts blättern, und dann den entsprechenden Artikel auswählen. Selbst auf der Seite selbst kann man das "Epaper" nicht durchsuchen; das Durchsuchen der Onlineausgabe ist seit zwei Jahren unzuverlässig und fehlerhaft. Ist es denn wirklich so schwierig, Texte im Internet verfügbar zu machen?
|ö| = KerLeone [Kommentare: 1]

[8.05.2004] 
Erst stirbt der Mensch...
... und dann der Grabstein. grabstein_weggeworfen.jpg
Via ALO
|ö| = KerLeone [Kommentare: 0]

[7.05.2004] 
Safari beendet
Lesereise ist beendet, und ich bin hochzufrieden. 950 Seiten durchgearbeite und analysiert, 50 Seiten Notizen und Zitate produziert, die nun einer Ausarbeitung harren. Außerdem Hörbücher gehört, Bücher gelesen, Radio gehört, geschrieben, nachgedacht, ausgeruht. Wie immer geht es nun wieder darum, soviel wie möglich aus diesem großartigen Außnahmezustand in den Alltag hinüberzuretten. Und hier gibt es jetzt wieder mehr Linkcontent, versprochen! laster_murcia_berg.jpg
|ö| = KerLeone [Kommentare: 1]

[7.05.2004] 
Genf
Den Weg auf spanisch erklärt zu bekommen von einem Franzosen, der kein englisch, keine deutsch, aber italienisch und vor allem spanisch spricht, das geht wohl nur in Genf.
|ö| = KerLeone [Kommentare: 0]

[7.05.2004] 
Das Haus weint (frei erfunden)
regenbogen_haus.jpg An einer undichten Stelle wuchs der Tropfen langsam, gespeist von dem Regen, den der Wind mit Böen gegen die Fensterscheibe warf. Dann lief er plötzlich los, mit einer zackigen Bewegung, leicht die Richtung ändernd, ruckelnd, über das schmutzige Fensterglas, dann auf die untere Holzleiste des Fensters, wo er dem rissigen Lack aufsaß und schließlich langsam in dem modrigen Holz versank.
"Das Haus weint", sagte Lena vor sich hin. "Es weint nach innen, in sich hinein."
Ein neuer Tropfen wuchs an, wurde nicht ganz so groß und nahm dann fast denselben Weg, der noch nass war. Dann versank er an derselben Stelle. Lena berührte den Holzrahmen und spürte die Feuchtigkeit an der Fingerspitze. Sie lächelte. "Oder füllst du dich auf, mit neuen Tränen, damit du welche hast, wenn du mal traurig bist?"
Lena schaute noch zu, wie sich der dritte Tropfen vergrößerte, sah noch kurz hinaus durch das Fenster, auf das der Wind den Regen peitschte, dann stand sie auf und ging nach draußen in den Regen.
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[4.05.2004] 
Herr Talwek wollte sich verpuppen
(frei erfunden und leider tragisch)
Herr Talwek war ein ganz normaler Mensch. Er lebte in Frankfurt am Main, arbeite für eine Versicherung, war ledig, ging deshalb früh aus dem Haus und kam spät heim. Eine klitzekleine Sache, eine Nebensächlichkeit, eine kleine Macke hatte er aber doch: er wollte sich verpuppen. Er wusste nicht genau, warum er diesen Wunsch hatte, und dachte auch nicht weiter darüber nach. Er war auch nicht unzufrieden mit seinem Leben, aber er meinte, es sei die Zeit gekommen, in der ein neuer Daseinszustand kommen musste. Natürlich wollte Herr Talwek sich nicht in Seidenfäden gewickelt an einen Baum hängen, aber er glaubte, er könne es auslösen, das sich irgendeine Nebensache im Universum ändere, dass sich ein Schalter umlege, ein Elektron einen anderen Spin bekomme, eine Kleinigkeit also, so dass er in ein anderes Dasein transformiere.

Über Pfingsten nahm er sich eine Woche Urlaub. Passt ja, dachte er sich, Jesus ist zu dieser Zeit ja auch neu auferstanden. Er überlegte noch kurz, ob die Sache mit dem Kreuz eine Verpuppung war, dann schrieb er kurzerhand das Kürzel Verp. in seinen Terminkalender. Er verschob jede weitere Überlegung, genauso wie den Gedanken darüber wie er es genau anstellen wollte.

Am Montag der Pfingstwoche stand er früh auf, blieb lange auf, trieb sich in Bars herum, bis die Vögel zwitscherten. Dann ging er ins Bett und wollte so lange wie möglich schlafen. Dadurch könnte sich einiges ändern, war seine Hoffnung. Am Dienstag wachte er mittags auf, weil er auf die Toilette musste. Er bemühte sich, aufzustehen ohne richtig aufzuwachen um den Verpuppungsvorgang nicht zu stören und ging sofort wieder ins Bett.
Am Abend bekam er Hunger. Er stand verärgert auf und machte sich einige Leberwurstbrote. Er kam sich dumm vor. Natürlich hatte sich nichts geändert. Er balancierte die Leberwurstbrote auf seinen fünf Fingerspitzen, damit die Hände nicht fettig wurden, und dachte kurz nach.
Er beschloss, dass er tiefer schlafen müsste. Am Mittwochabend nahm er eine Schlaftablette und steckte sich Ohrstöpsel ins Ohr. Um 6.45 in der früh wachte er auf, weil er überhaupt nicht mehr müde war. Er machte sich Marmeladenbrote mit Orangenmarmelade, und war frustriert. Wie sollte er noch tier schlafen? Wie in einem Koma vielleicht? Das war so ein kurzer Gedanke. Aber wie so oft brach er die Überlegung schnell wieder ab. Herr Talwek war noch nicht einmal soweit gekommen, zu überlegen, wie er sich selbst hätte ins Koma bekommen sollen.
Am Donnerstagabend betrank er sich. Zuerst in Bars, dann bei sich daheim. Das hatte er schon lange nicht mehr getan, war auch nicht seine Art, und noch weniger hielt er es für die richtige Strategie, um eine Kleinigkeit im Universum zu ändern, aber er hatte das Gefühl, er brauche das jetzt.
Am Freitag wachte er tatsächlich erst am Nachmittag auf. Aber alles war wie früher. Auf dem Anrufbeantworter war ein Kollege, der um Rückruf bat.
Am Samstag wollte er das Verpuppen bleiben lassen. Er hatte Kopfschmerzen und war verärgert, seinen Urlaub mit dem Versuch einer Daseinsänderung verbracht zu haben. Am Pfingstsonntag machte er seinen letzten Versuch. Er wollte zur Bewusstlosigkeit kommen. Vielleicht würde dann etwas passieren. Er band sich mehrere Kabel um den Körper, um die Blutzirkulation zu verlangsamen. Er band sich ein Halstuch um den Hals, was er straff anzog und rollte er sich die Treppe herunter, damit er mit dem Kopf aufschlage. Er schlug auf und wurde bewusstlos.

Herr Talwek dachte nach, Er dachte nach, wie er noch niemals in seinem Leben nachgedacht hatte. Rasend schnell durchdachte Situationen und Probleme in seinem Leben, die er immer verschoben hatte. Er begann an seinem letzten Arbeitstag und wusste auf einmal genau, was er nächste Woche alles besser machen könnte. Dies würde er so machen, und da ist die Lage so; ein Problem nach dem anderen verschwand in einem wachsendem Loch der Zufriedenheit. Längst war er von den kleineren Problemen zu den größeren Schwierigkeiten in seinem Alltag übergegangen. Er bekam Klarheit, und er freute sich über die Leichtigkeit, mit der sich alles auflöste. Beziehungsprobleme, seine widerliche Korrektheit, seine stumpfe Teilnahmslosigkeit, das wollte er in Zukunft so machen, und das so. Er wollte kündigen nächste Woche, dieser Job war sowieso die Quelle seiner Unzufriedenheit. Warum hatte er das bloß nie gemerkt?
Immer schneller dachte er, immer umgreifender ging er jetzt seine ganz großen Fragen in seinem Leben durch. Er studierte sich und sortierte sich, und fasste viele neue Ziele nach seinen Überlegungen. Er glühte auf vor Glück.

Als er alle Probleme gelöst hatte, als er alle verschobenen Gedanken gedacht hatte, kamen die Schmerzen. Innerhalb weniger Minuten füllten sie die ganze Leere aus, die das Glück, geschaffen hatte. Er spürte auf einmal den kalten Steinboden unter sich, die Schwere des Kopfes, der zu Platzen schien. Er hörte seine keuchende Atmung. Erst lauschte er ihr teilnahmslos aus der Ferne. Dann ergriff ihn das Spüren seiner schmerzenden Lunge, er presste seinen Luftkorb mit, er ringte mit seiner Brust, dass sie sich hebe, und dann, dass sie sich senke. Schließlich hörte er auch wie sein Herz dumpf und unregelmäßig schlug, wieder erst aus der Ferne, doch dann spürte er die schmerzhaften Stöße. Immer wieder schoß das Blut in den Kopf, und als er es nicht mehr aushielt, begann er dagegen zu kämpfen. Er kämpfte gegen sein eigenes Herz.

Schließlich, nach fünf qualvollen Stunden, aber auch fünf Stunden in einem anderen Daseinszustand, der ihm davor nie vergönnt war, starb Herr Talwek an seiner Gehirnblutung.
|ö| = KerLeone [Kommentare: 4]

[3.05.2004] 
Der polnische Akkordeonspieler (und anderes)
Er spielte noch kurz den Takt der Melodie zu Ende, dann presste er an seinem Akkordeon den Knopf zum Auslassen der Luft und schob den Luftbalg pfeifend zusammen. Er schaute mich an und beantwortet meine Frage: "Nein, das habe ich mir alles selbst beigebracht. Ich höre zu, und dann spiele ich es nach. Ich habe versucht nach Noten zu spielen, aber es hat mir keinen Spaß gemacht. Ich wollte nicht das Lesen von Noten lernen, sondern Musik machen."
Er war ein junger Pole, der versuchte, möglichst billig durch Spanien zu reisen. Wir saßen auf dem Plaza Major in Madrid, es war dunkel und recht leer, da um diese Zeit bereits andere Stadtviertel angesagt sind. Kurz zuvor hatte ich mir die Leute am Plaza Sol angeschaut. Komische Leute: Laut, betrunken, verschlagen. Nicht so, wie man sie am wichtigsten Platz der Stadt erwartet. Ich hatte mich mit einem Eis auf eine Bank gesetzt, neben eine dicke asiatische, pazifische oder südamerikanische Frau, die vor sich einen Berg von Einkaufstüten aufgetürmt hatte. Sie packte irgendwann ihr Handy aus und telefonierte mit sehr tiefer Stimme mit verschiedenen Leuten. Ich schaute geradeaus ins Leere und versuchte mich auf ihre Stimme zu konzentrieren und hörte dem tiefen "Hohoho" zu, welches sie beim Lachen ins Telefon schallen ließ. Ich beschloss, dass ich neben einem Transvestiten saß. Wenig später plapperte sie von der transsexuellen Operation und von der Polizei und von Freunden in Barcelona, von einer Million Hypothek für irgendein Haus und dass der Junge von jener ja gar nicht arbeitet, und ich hörte gelangweilt wieder weg. Das Leben von Transvestiten hatte ich mir spannender vorgestellt.
Als sie mit ihrem Tütenstapel abgezogen war, setzte sich einer von den fiesen, angetrunkenen Burschen neben mich, obwohl sein Kumpel entfernt stehen blieb. So langsam dämmerte mir, dass ich hier in einem Stricher-Treff sitzen könnte. Ich bemühte mich, Blickkoontakt zu vermeiden, und war froh dass in Madrid so viele Polizisten herumstehen. Schön, dachte ich mir, dass hohe Polizeipräsenz nicht gleichzeitig "Zero Tolerance" heißen muss. Die Polizisten saßen auf ihren Mopeds um eine Polizistin herum, schwatzten und sahen auch nicht anders aus, als Halbstarke in einem Dorf, die durch die nächtliche Stadt knattern, um dann irgendwo abzuhängen, nur mit Uniform eben. Und alle komischen Leute durften trotzdem komisch bleiben, rumplärren und beherzt homosexuelle Kontakte anbahnen.
Nachdem der Bursche wieder gegangen war und sich ein alter dicker Mann mit braunem Anzug neben mich gesetzt hatte, der ebenfalls schon länger herumstand, knatterten die Polizisten dann auch weiter (der Fuchs sagte dem Hase sozusagen Gute Nacht) und ich dachte mir, es wäre nun wohl wirklich an der Zeit, dieses Großstadtidyll hinter mir zu lassen und ging Richtung Plaza Mayor.
Dort war ich mit dem polnischen Akkordeonspieler ins Gespräch gekommen, und irgendwann hatte er zu spielen begonnen. Ich ärgerte mich, dass ich dies jetzt mit meiner Frage abgebrochen hatte, denn er spielte schöne französische Akkordeonmusik und es war wunderbar ihm zuzusehen, wie er über die Tasten griff und natürlich mit einem sentimentalen Blick in die Ferne des Plaza Mayor starrte, wie ihn nur improvisierende Musiker beherrschen.
Er packte das Akkordeon in eine selbstgenähte Akkordeontasche. "Meine Frau hat das genäht", sagte er, und ich erzählte ihm von meiner selbstgenähten Laptoptasche. Neben dieser Gemeinsamkeit sprachen wir auch noch über das einsame Reisen und wie es so ist, wenn man länger als einen Tag nicht einmal mit einer Supermarktverkäuferin redet. Dann machte er sich auf, einen Schlafplatz am Busbahnhof Mendez Alvaro zu finden. Ich trottete Richtung Opera, winkte einen italienischen Reisebus durch ein Labyrinth von Straßenpollern, in dem er sich hoffnungslos festgefahren hatte und stieg zur Metro hinunter. Der Versuch, mit dieser ein "Szeneviertel" aus meinem Reiseführer anzusteuern, zusammen mit mehreren spontanen Entscheidungsänderungen resultierten in zwei Stunden unfreiwilliger Metrofahrt, die aber doch unterhaltsam genug war, um danach am Campingplatz zufrieden einzuschlafen.
|ö| = KerLeone [Kommentare: 0]

[1.05.2004] 
Nächster Halt: A2
Die Spanier haben ein seltsames Verhältnis zur Autobahn. Im Süden sieht man nicht selten Jogger oder Radfahrer auf der Standspur der zweispurigen Nationalstraßen. Bei Valenica habe ich einen kleinen Hügel mit mindestens fünf Picknick-Familien gesehen, die keine fünfzig Meter von der Autobahn entfernt brotzeitelten. Und jetzt in Madrid: Bushaltestellen auf der Autobahn. Einfach rechts auf der A2 ein kleines Häuschen an der Standspur und 20 Leute haben gewartet.
|ö| = KerLeone [Kommentare: 3]

[1.05.2004] 
Schlafstätte ...
wohnung_aguilas.jpg
|ö| = KerLeone [Kommentare: 1]

[1.05.2004] 
... und Büro
buero_aguilas.jpg
... sehr günstig, nur wenige Gehsekunden voneinander entfernt.
|ö| = KerLeone [Kommentare: 1]

[1.05.2004] 
Rot mit eingebaut
Mein Auto besitzt die eingenwillige Fähigkeit, die spanischen Ampeln grundsätzlich auf Rot zu schalten. Das ist kein Witz! An vielen Ortseingängen haben die Spanier Ampeln, die bei überhöhter Geschwindigkeit auf Rot schalten. Mein Auto löst diese Ampeln größtenteils aber auch schon mit Geschwindigkeiten zwischen 20 und 50 km/h aus.
|ö| = KerLeone [Kommentare: 0]

[1.05.2004] 
Sehr lustig
Heute sitze ich an einem See, und keine vier Meter entfernt haben sich drei weiße Enten niedergelassen und dösen vor sich hin. Als sie noch wach waren, haben sie mir ein Gag nach dem anderen erzählt. Hahaha!
|ö| = KerLeone [Kommentare: 0]
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